Literaturpreis „Walter Bauer“ an Schriftsteller Thomas Böhme vergeben
Am 4. November 2024 fand im Walter-Bauer-Saal des Kulturhauses Leuna die diesjährige Verleihung des Walter-Bauer-Preises und die Vergabe des Walter-Bauer-Stipendiums statt. Der Walter-Walter-Preis der Städte Merseburg und Leuna ging an den Leipziger Schriftsteller Thomas Böhme, das Walter-Bauer-Stipendium, vergeben von der InfraLeuna GmbH, an Henriette Baier und Moritz Bense aus Halle.
Thomas Böhme sei einer der bedeutendsten Lyriker und in der hohen Qualität seines Gesamtwerks beständigsten Autoren seiner Generation, heißt es in der Begründung des Vorschlages zur Auszeichnung, der der Jury, bestehend aus dem Oberbürgermeister der Stadt Merseburg, dem Bürgermeister der Stadt Leuna und den Vorsitzenden beider Kulturausschüsse bestand, vorlag.
Böhme, geboren 1955 in Leipzig, wo er bis heute lebt, ist seit seinem Debüt mit dem Gedichtband „Mit der Sanduhr am Gürtel“ (Berlin: Aufbau Verlag 1983) als freier Autor tätig. Neben seinen in großer Regelmäßigkeit erscheinenden Lyriksammlungen hat er auch Romane, Novellen, experimentelle Prosaformen und Fotobände veröffentlicht. In Bänden wie „Im Ort“, das dem Mansfeld gewidmet ist, wendet er sich wie Bauer einer Welt zu, die von der Arbeit und der Veränderung geprägt ist, und lotet ähnlich wie der Namensgeber des Preises aus, was diese Arbeit, diese Veränderung mit den sie Erfahrenden macht.
Mit dem Walter-Bauer-Literaturpreis soll an einen Mann erinnert werden, der mit seinem umfangreichen literarischen Gesamtschaffen, mit seiner Botschaft der Menschlichkeit und seinem Bekenntnis zum europäischen Geist zu den namhaften deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts zählt. Am 4. November 2024 wäre der Schriftsteller Walter Bauer 120 Jahre alt geworden. Er wurde am 4. November 1904 als fünftes Kind eines Fuhrknechts und einer Aufwartefrau in der preußischen Provinz Sachsen im beschaulichen Regierungsstädtchen Merseburg geboren. Hier besuchte er die Volksschule und absolvierte Dank der Fürsprache eines Lehrers selbst eine Ausbildung zum Lehrer. Prägend für den jungen Bauer war zu erleben, wie sich die verschlafene Beamtenstadt Merseburg durch den Bau und die Inbetriebnahme der Leuna-Werke rasant veränderte. 1929 erschien Kameraden, zu euch spreche ich, 1930 Stimme aus dem Leuna-Werk. Letzteres machte Walter Bauer schlagartig berühmt. Namhafte Autoren wie Kurt Tucholsky, Ernst Toller oder Herrmann Hesse lobten Bauer in höchsten Tönen. Nach 1933 erfuhr Walter Bauer Publikationsbeschränkungen, schrieb aber weiter. Nach 1935 (infolge eines denunzierten heimlichen Treffens mit Stefan Zweig in Zürich) musste der Lehrer Walter Bauer Strafversetzungen erdulden. 1940 wurde er einberufen und kehrte erst 1946 aus englischer Gefangenschaft zurück, ging aber nicht in seine nunmehr sowjetisch besetzte Heimat zurück, sondern blieb im Westen (in Bayern und Baden-Württemberg). Im Jahr 1952 wanderte er nach Kanada aus, wo er es später bis zum Universitätsprofessor schaffte, weiter schrieb und im Alter von 72 Jahren verstarb. Insgesamt veröffentlichte Walter Bauer fast 90 Bücher, zahlreiche Hörspiele und Dramen, unzählige Essays, Artikel, Berichte etc.
Henriette Baier (23), Bachelorstudium der Germanistik und Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Moritz Bense, Doppel-Bachelorstudium (Germanistik / Geschichte) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (24) erhielten gemeinsam das mit 1.500 Euro dotierte Stipendium der InfraLeuna GmbH. Entsprechend der Ordnung zur Verleihung des Walter-Bauer-Stipendiums von 2018 schlug Jürgen Jankofsky die beiden jungen Germanistikstudierenden Henriette Baier und Moritz Bense vor, die Tagebücher Walter Bauers (insbesondere die der Jahrgänge 1952/53 und 1975/76) transkribieren und für eine Herausgabe in der Walter-Bauer-Reihe des Mitteldeutschen Verlages als Beitrag zum 50. Todestag Walter Bauers mit vorbereiten wollen.
Bürgermeister Michael Bedla betonte in seiner Eröffnungsrede der Literaturpreisverleihung, gemeinsam mit der Stadt Merseburg an der Tradition des Walter-Bauer-Preises, der mittlerweile seit 1994 vergeben wird, festhalten zu wollen. Mittlerweile habe sich zur kulturpolitischen Würdigung Walter Bauers einiges getan. Zugleich werde in den kommenden Wochen und Monaten in den Kulturausschüssen beider Städte eine Diskussion geführt werden, wie die Satzung des Preises neuen, aber keineswegs weniger anspruchsvollen Zielen angepasst werden kann.
Musikalisch begleitet wurde der Abend von AuditivVokal aus Dresden unter der künstlerischen Leitung von Olaf Katzer. Mit der Welturaufführung von „Drei Gesängen für Männerchor a capella“ zu Walter Bauers „Stimmen aus dem Leuna-Werk“ (Komposition Walter Furrer, 1933), begeisterten die jungen Sänger das Publikum.